Reform des Lehramtsstudiums an der AHS ab September 2025

Die Erwartungen, Anforderungen und Aufgabenbereiche von Lehrpersonen steigen seit Jahren stetig an. Ab September 2025 starten die angehenden Kindergärtner/-innen und Primarschullehrer/-innen daher in eine reformierte vierjährige Grundausbildung an der Autonomen Hochschule Ostbelgien.

Reform des Lehramtsstudiums an der AHS ab September 2025

Die Erwartungen, Anforderungen und Aufgabenbereiche von Lehrpersonen steigen seit Jahren stetig an. Ab September 2025 starten die angehenden Kindergärtner/-innen und Primarschullehrer/-innen daher in eine reformierte vierjährige Grundausbildung an der Autonomen Hochschule Ostbelgien.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz informierten Bildungsministerin Lydia Klinkenberg und die Autonome Hochschule Ostbelgien über die anstehende Reform der Studiengänge „Lehramt Kindergarten“ und „Lehramt Primarschule“. Durch einen höheren Praxisanteil und die Vertiefung und Erweiterung von Inhalten sollen die Nachwuchsfachkräfte noch besser auf den anspruchsvollen Beruf vorbereitet werden.

Die Reform der Lehrergrundausbildung bettet sich in das Regionale Entwicklungskonzept für die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens und das Projekt „Lehrer von morgen“ ein. Bei der Entwicklung der Reform sind neben der AHS, dem Kabinett der Bildungsminsterin und den entsprechenden Fachbereichen des Ministeriums eine Arbeitsgruppe, bestehend aus zentralen Akteuren des ostbelgischen Bildungswesens, und eine Steuergruppe, zusammengesetzt aus Experten der Lehrerausbildung aus Belgien, Deutschland und der Schweiz  beteiligt.

Veränderte Anforderungen

Die Ausbildung von Lehrern und Kindergärtnern steht in einem engen Zusammenhang zum aktuellen bzw. sich wandelnden Gesellschafts-, Bildungs- und Schulsystem. Daraus resultieren neue Herausforderungen für die angehenden Lehrpersonen, und damit einhergehend neue Anforderungen an die Lehrer- und Kindergärtnerausbildung. Zentrale Herausforderungen sind dabei Globalisierung, Mobilität und Migration, die einerseits zu einer zunehmenden Diversität in den Schulklassen führen, andererseits Potentiale bergen, die es für die Lebens- und Arbeitswelt zu nutzen gilt. Mehr Kinder mit Migrationshintergrund, zunehmende sozio-ökonomische Unterschiede und die Inklusion von Schülern mit Förderbedarf und Hochbegabung sind nur einige Beispiele für die wachsende Vielfalt in den Klassen. Dies stellt an die Lehrperson höchste Anforderungen in Bezug auf Klassenführung, Unterrichtsplanung und -durchführung sowie an den Erziehungsauftrag und erfordert eine adaptive, inklusionsorientierte Unterrichtsgestaltung, die an die Lernvoraussetzungen und den Lernstand der Schülerinnen und Schüler angepasst ist und die bestmögliche Teilhabe aller Kinder zum Ziel hat. Im Zuge einer globalisierten Welt führen auch Digitalisierung und Automatisierung zu Herausforderungen in Schulen, wo Lehrpersonen nicht nur der rasanten Entwicklung folgen, die eigene Medienkompetenz stetig erweitern und den Medieneinsatz im Unterricht reflektiert planen und gestalten müssen, sondern auch Schülerinnen und Schüler darin befähigen, diese Medienkompetenz zu erwerben und einen verantwortungsvollen und kritischen Umgang mit Medien zu pflegen.

Als weitere Entwicklung zeigt sich die Notwendigkeit der professionellen Kommunikation und Kooperation innerhalb von interdisziplinären Teams in Schulen und mit Eltern. Diese multiprofessionelle Arbeit ist elementarer Bestandteil für die Entwicklung und Begleitung der Schülerinnen und Schüler.

Bezugnehmend auf die Frage, was Schülerinnen und Schüler in der Grundschule erwerben und erleben sollen, um ein selbstständiges, berufliches Leben führen und mit den dynamischen Anforderungen der Gesellschaft produktiv umgehen zu können, werden neben fachlichen evidenzbasierten Kompetenzen unter anderem die Fähigkeit zum lebenslangen Lernen, das kreative Problemlösen, Kommunikation oder Teamarbeit erworben. Die Lehrerausbildung wird auf die Vermittlung und Weitergabe dieser überfachlichen Kompetenzen vorbereiten. Dies erfordert ebenfalls die Stärkung der Lehrerpersönlichkeiten einhergehend mit der verstärkten Förderung personaler und sozialer Kompetenzen.

Aktualisiertes Kompetenzprofil

Ausgehend von den Anforderungen und Herausforderungen, mit denen Lehrer aktuell und in Zukunft konfrontiert sind, können professionelle Handlungskompetenzen abgeleitet werden. Die Autonome Hochschule Ostbelgien hat dazu ein aktualisiertes Kompetenzprofil für Lehrer und Kindergärtner erstellt und dieses als Rahmenmodell bereits in die aktuelle Ausbildung implementiert. Studierende erwerben Kompetenzen in elf Kompetenzbereichen, wobei neben der Unterrichtsplanung und -gestaltung, dem fachspezifischem und pädagogisch-psychologischen Wissen und Können oder der Beziehungsgestaltung zu Schülerinnen und Schülern auch die Bereiche Umgang mit Diversität, individuelle Förderung, Kooperation, Selbstreflexion und Selbstmanagement fokussiert werden.

Um den oben beschriebenen gestiegenen Anforderungen an den Lehrerberuf Rechnung zu tragen und die Kompetenzen des aktualisierten Kompetenzprofils zu fördern, wurde eine grundlegende Reform, verbunden mit einer Verlängerung des Studiums, erforderlich.

Vertiefung, Vernetzung und Ausweitung von Inhalten

Im zukünftig vierjährigen Bachelorstudium „Lehramt Kindergarten“ und „Lehramt Primarschule“ werden zur Förderung der professionellen Kompetenzen Inhalte ausgeweitet, vertieft und stärker miteinander verknüpft. Auch Themen der pädagogischen Diagnostik (Lernstandsermittlung, Beobachtung, Analyse von Lernergebnissen) und darauf aufbauend der individuellen Förderung und adaptiven Unterrichtsgestaltung erhalten mehr Raum im Studium.

Allgemein- und fachdidaktische Inhalte, beispielsweise die Vermittlung von Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen, werden vor dem Hintergrund der Diversität vertieft. Auch die Medienpädagogik und -didaktik, die politische Bildung, die Bildung zur nachhaltigen Entwicklung sowie die Kommunikation und Kooperation mit Eltern und den multiprofessionellen Teams, die im schulischen Kontext zusammenarbeiten, werden verstärkt ins Studium einbezogen. Neben der fachlichen, fachdidaktischen und pädagogisch-psychologischen Ausbildung hat die AHS das Ziel, die Studierenden in der Entwicklung ihrer Lehrerpersönlichkeit zu unterstützen. Die Stärkung des Selbstwertgefühls und der Selbstsicherheit oder die Entwicklung einer angemessenen Auftrittskompetenz werden durch entsprechende Unterrichts- und Reflexionsanlässe angestrebt. Um diese Kompetenzen zu vermitteln, möchte die AHS verschiedene Lehr- und Lernformate etablieren und das eigenverantwortliche Lernen stärken.

Ein zentrales Element der Reform ist die Ausweitung von Praxisformaten. Studierende werden ab 2025 ein Viertel ihres Studienprogramms (60 von 240 ECTS) in verschiedenen Praktika absolvieren. Anliegen der reformierten Grundausbildung ist eine konsequente Reflexion der praktischen Erfahrungen und ihre Verzahnung mit Erkenntnissen aus Theorie und Forschung.

Studium als Weichenstellung für den Berufseinstieg

Das vierjährige Studium stellt die Weichen für den Berufseinstieg, wie in den meisten Berufen erfordert auch der Lehrerberuf die kontinuierliche Weiterentwicklung der professionellen Kompetenzen. Daher entwickelt die Hochschule im Auftrag der Regierung ergänzend zur reformierten Grundausbildung Zusatzausbildungen und Fortbildungen in verschiedenen Bereichen, um die Lehrer auch im Laufe ihrer Karriere in ihrer beruflichen Weiterbildung zu unterstützen. Zudem wird die Begleitung während der dreijährigen Berufseinstiegsphase im Programm „startklar“ fest verankert. In regelmäßigen Abständen werden sich Berufseinsteigende an der Hochschule wieder treffen, um Unterstützung und Hilfestellung im Berufsalltag zu erfahren, um somit unter anderem einem frühen Berufsausstieg entgegenzuwirken.

Das Absolvieren eines Aufnahmeverfahren, bestehend aus einer Prüfung kognitiver und sprachlicher Grundfertigkeiten und einem persönlichen Gespräch, bleibt weiterhin Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums zur Kindergarten- oder Primarschullehrperson.